Vom 19. bis zum 21. Mai 2005 fand die 10. internationale FontShop Konferenz TYPO Berlin statt. Die Werbung dafür klang ganz spannend: Erik Spiekermann würde zum letzten Mal Organisator sein, FUSE-Konferenz Mitgründer Neville Brody nach vielen Jahren wieder eine Rede halten. Das passende Thema für diesen Wandel? „Change“, selbstverständlich.
Unter den 1.000-oder-so Besuchern der TYPO sind immer ganz viele Studenten. Wie letztes Jahr waren einige der HfG Offenbach beim Event in der Hauptstadt dabei. Darüber berichtet Roman Köller (4. Semester, VK) in seinem TypeOff-Debut.
Blue Sky, Blue Sky
Roman Köller
Erwartungsgemäß besuchte man bei der TYPO Berlin eine Massenveranstaltung. Circa 1300 Teilnehmer stellten ein Riesenpublikum dar. Die Sprecher wurden in drei Säle verteilt, die man, ja nach Interesse besuchen konnte. Der vollstündliche Vortragsbeginn (gute Idee) wurde jedoch nicht immer eingehalten, so dass es zu Verzögerungen und Anschlussproblemen kam.
Ich war überrascht wie viele Sprecher ihre Redezeit als Werbezeit verstanden und das Konferenzthema „Change“ ignorierten.
Nicht so Juli Gudehus. Sie stellte die Ergebnisse ihres eigens initierten Projektes vor. Die Reihe der Redesigns einer Strumpfhosenschachtel, angefertigt von deutschen Design Büros im Sinne von „Hans im Glück“ weist interessante Reaktionen der Gestalter auf den jeweils vorangegangenen Entwurf auf. Manchmal, zugunsten der Wiedererkennung leicht korrigiert, manchmal brutal verworfen, zeigt sich, dass insbesondere bei Markenkommunikation „Change“ viel Fingerspitzengefühl voraussetzt.
Marc Grauel, Autor bei brand eins sprach in seinem anspruchsvollen Vortrag von physischer und geistiger Metamorphose, vom Streben des Menschen von Transformation in sein Ideal. Grauel zeigte u.a. einen Spot für die US Marines. Dieser setzt voll auf Transformation und zeigt den einzelnen Soldaten als glorreichen Superhelden. Change als Werbeargument.
Albert Jan Pool skizzierte den Weg der FF DIN von der Hausschrift der preußischen Eisenbahn über die DIN 1451 während des Wirtschaftswunders bis hin zu ihrer heutigen, leichteren Form mit Textqualität.
Gerard Unger lud ein zur Typo 1005. Bilder europäischer Inschriften bewiesen die Existenz vielfältiger Ligaturen und Formvariationen vor OpenType. Das typografische Gesicht der Romanik besitzt wunderbare Züge.
Chip Kidd (Buchcover für Randomhouse) lieferte Entertainment pur. Anschaulich schilderte er, wie er verzweifelt wenn er „Blue Sky, Blue Sky“ hört. Mit „Völliger Freiheit, Alles Gut“ ist schwer für ihn umzugehen. Viel lieber bekommt er vom Auftraggeber Hinweise, (die er dann ignorieren kann). Der beschriebene Auftrag für ein Poster für Adobe legte dem Publikum zusätzlich die eigenwillige kalifornische Redensart offen.
In der Kritikrunde wurde der Hang der Sprecher zur Vorführung der eigenen Arbeiten angesprochen. Mehr inhaltliche Reflexion wäre wünschenswert. Eventuell in einer geleiteten Diskussion mehrerer Persönlichkeiten zu speziellen Themen. Den Vorschlag kommentierte Spiekermann damit, dass das Publikum zum Teil nur „gucken“ wolle, zum anderen Teil tiefe Erörterungen hören wolle. Beidem gerecht zu werden sei unmöglich. Diskussionsrunden habe es nicht gegeben, weil man nicht gewusst hätte, wie die einzelnen sich untereinander verstehen würden. Außerdem würde der große Saal so etwas auch nicht zulassen. Im Übrigen bedauere man, dass viele nicht das Thema aufnehmen. Darauf hätte man aber keinen Einfluss. Es erschien mir, dass das Organisationsteam für Lob empfänglicher war als für Kritik, zumal sämtliche Programmverzögerungen auf Mac OS Tiger geschoben wurden. Blue Sky, Blue Sky.